Michael Groschek (SPD), der NRW-Verkehrsminister ruft alle Autofahrer zu periodischen Sehtests auf – und nennt dafür gute Beweggründe: Aufzeichnungen der Landesverkehrswacht NRW belegten, dass sich das Wahrnehmung in allen Generationen schnell verändern könne. Weil es zurzeit für eine Verpflichtung zu regelmäßigen Sehtests keine Mehrheit in der Verkehrsministerkonferenz gibt, appellierte Groschek an Fahrzeugführer, freiwillig an Sehtests bei Augenärzten, Optikern und Sehteststellen teilzunehmen. Forderungen von Unfallforschern nach einem verpflichtenden „Führerschein-Check“ für Älteren Menschen ab 75 lehnte Groschek ab. „Das käme einer Stigmatisierung gleich, weil ältere Menschen statistisch im Straßenverkehr nicht auffallen – gegenüber Fahranfängern zwischen 18 und 24 Jahren.“

Studien des Statistischen Bundesamtes allerdings belegen, dass 70- bis 75-jährige Fahrzeugführer, die an einen Unfall beteiligt waren, in 64 % der Fälle Unfallverursacher waren. Bei den über 75-Jährigen wurde sogar drei von vier unfallbeteiligten Autofahrern die Hauptschuld zugeteilt. Die Unfallforschung seiner der deutschen Versicherungswirtschaft spricht sich deshalb für einen verpflichtenden Praxistest für alle Senioren ab 75 Altersjahren aus. Der Fahrlehrer soll eine Empfehlung aussprechen – ob der Senior den „Schein“ abgibt, entscheidet er selber. “Sehr oft helfen auch einige Übungsstunden”.

Groschek lehnt pauschale Altersgrenzen aber ab und baut demgegenüber auf die Vernunft der Älteren Menschen. „Sehr oft unterstützen alte Menschen auch einige Übungsstunden, damit sie sich im Autoverkehr wieder sicherer bewegen können“, sagte der Minister. „Ich setze darauf, dass die allermeisten ihre Fähigkeiten selbst einschätzen und sich im Zweifel nicht mehr hinters Steuer setzen.“ Nach Angeaben des NRW-Innenministeriums ist die Zahl der Unglücksfälle älterer Autofahrer zwischen 2009 und 2013 um 3% gestiegen.

In den Niederlanden müssen Fahrzeuglenker ab 70 alle fünf Jahre zum Gesundheitscheck, in Schweden und Großbritannien alle drei Jahre. In Spanien müssen alle Autofahrer ab 45 Jahre alle zehn Jahre einen Hör- und Sehtest absolvieren, ab 70 alle zwei Jahre. Der ADAC empfiehlt sogar, dass Autofahrer in Deutschland bereits ab 40 Altersjahren alle zwei Jahre und ab 50 jedes Jahr einen freiwilligen Sehtest machen, um ihre Fahrtauglichkeit prüfen zu lassen. Der Verkehrssicherheitsrat (DVR) hat in einer Forsa-Umfrage allerdings diagnostiziert, dass 78 Prozent der über 65-Jährigen einen generellen Gesundheitscheck zur Fahrtauglichkeit ablehnen. Aus Sicht der DVR-Experten schätzen sich viele Senioren falsch ein, so dass mit zunehmendem Alter das Unfallrisiko steigt. Nachlassende Sehkraft im Alter, schlechteres Hören und eine abnehmende Reaktionsfähigkeit können die Mehrheit der Senioren aus Sicht des ADAC aber durch Erfahrung wettmachen.

Der Minister empfiehlt Pensionierten mit Zweifeln, ob sie ihr Auto noch Sicher durch den Straßenverkehr steuern können, einen Gesundheitstest beim Allgemeinmediziner. Auch böten viele Fahrschulen älteren Autofahrern Fahrtests an. „Der Vorteil liegt darin, dass der Fahrlehrer nicht verpflichtet ist, das Ergebnis der Führerscheinstelle bekannt zu geben. Das ist annehmbar, weil sonst Menschen Angst hätten, ihre Führerschein sofort zu verlieren.“

Der Stuttgarter Altersmediziner Andrej Zeyfang rät Senioren eine jährliche, kurze Analyse. Dabei könnten in 30 Min die wichtigsten Bereichen wie Dementz, Diabetes, Herzschwäche und Reaktion getestet werden. Außerdem muss ein Mobilitätstest vorgenommen sein, etwa ob der Fahrzeuglenker den Kopf wenden kann, um den Straßenverkehr zu erfassen. Die Prüfung der Wahrnehmung erfolgt interessanterweise über den Geldzähltest. Ältere Menschen sollen in der Lage sein, innerhalb von 45 Sekunden eine Geldbörse mit weniger als zehn Euro in Münzen auszuzählen.